News
Suche
Archiv
Vertriebsvertrag und Kartellrecht:
Muss ein Hersteller, der ein Alleinvertriebssystem betreibt, einen Händler vor aktiven Verkäufen in sein Gebiet durch andere Händler explizit schützen?
Diese Frage wird derzeit in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zur Geschäftszahl C-581/23 behandelt und ergeben die Schlussanträge der Generalanwältin vom 09.01.2025 und die Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs vom 09.01.2025, dass ein Alleinvertriebshändler vor aktiven Verkäufen in sein Gebiet durch andere Händler des Herstellers explizit geschützt werden muss, damit der Vertriebsvertrag von der Gruppenfreistellung durch die Vertikal-GVO profitieren kann. Die Generalanwältin schlägt dem Gerichtshof vor, diese Bedingung nur dann als erfüllt anzusehen, wenn die anderen Abnehmer das Verbot aktiven Verkaufs in das ausschließlich zugewiesene Gebiet ausdrücklich oder stillschweigend anerkennen. Die bloße Feststellung im Sachverhalt, dass andere Händler nicht aktiv in dem einem bestimmten Händler ausschließlich zugewiesenen Gebiet verkaufen, reicht in diesem Zusammenhang nicht aus. Vielmehr muss der Hersteller die anderen Händler auffordern, sich in der gewünschten Weise zu verhalten, und diese müssen zumindest stillschweigend ihren Willen äußern, dem Verbot des aktiven Verkaufs zuzustimmen. Die Generalanwältin fordert den Gerichtshof auf, diese „Bedingung der parallelen Auferlegung“ erstmals in der Rechtsprechung anzuerkennen, um die Investitionen des Händlers in den Vertrieb zu schützen.
Es bleibt abzuwarten, ob der Europäische Gerichtshof in seinem künftigen Urteil der Rechtsansicht der Generalanwältin folgen wird.
Schlussanträge des Generalanwalts gehen dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zeitlich vor, sind richtungsweisend, aber nicht bindend für den Europäischen Gerichtshof.
In der Praxis würde eine derartige Weichenstellung durch den EuGH bedeuten, dass die Alleinvertriebsverträge darauf geprüft werden müssten, ob sie eine derartige Verpflichtung des aktiven Verkaufs enthalten.